CD-Review: China Moses Nightintales
Die Nacht hat für viele von uns eine unterschiedliche Bedeutung, viele werden erst in der Nacht richtig aktiv oder haben ihre Kreativphase in der Nacht. Viele große Jazzalben sind in der Nacht entstanden. Eine Liste all dieser Alben würde mehrere Seiten füllen.
Mit dem Album Nightintales hat die Sängerin China Moses ein sehr interessantes Werk vorgelegt. China Moses ist wahrlich kein unbeschriebenes Blatt. China Moses ist die Tochter der bekannten Jazzsängerin Dee Dee Bridgewater. China Moses lebt seit vielen Jahren in Paris und ist eine angesehene Jazzsängerin und Fernsehmoderatorin. Ich durfte China letztes Jahr zu Weihnachten mit Pee Wee Ellis sehen, als sie mit ihm eine fulminante Show ablieferte. Mit dem Jazz-Pianisten Ralphael Lemonnier brachte sie zwei Alben für Blue Note raus: „This One‘s for Dinah“ und „Crazy Blues“, beides thematische Alben zum Thema Dinah Washington und Blues. Im Jahr 2017 folgte auf dem Label MPS das Album Nightintales.
Das Album ist im Gegensatz zu den anderen Alben ein sehr modernes Album, denn es hat viel R &B, Funk und Hip Hop. Die Band für das Album bestand aus Luke Smith (Klavier, Orgel), “Level“ Neville Macolm (Kontrabass/E-Bass) und Jerome “Jerry“ Brown (Schlagzeug).
Ein Paradebeispiel dafür ist das Stück „Running“. Hier herrschen fetzige R&B-Beats vor, die Musik wirkt etwas gehetzt und hat eine starke Unruhe. Als Kontrast kommt „Put it on the Line“ ganz im klassischen Stil der 60er mit einer stimmungsvollen Bassbegleitung, welche zum Schnippen einlädt. In „Ticking boxes“ glänzt China als klassische Balladensängerin, ein Lied mit viel Gefühl und Herz- Schmerz, sehr feinfühlig dargeboten von China. Eine klassische Ballade stellt die Nummer „Nicotine“ dar, hierin wird eine tragische Geschichte mit viel Dramatik erzählt. China hat sicherlich in ihrer schon langen Karriere (denn sie nimmt seit 1997 auf) viele Hotellobbys gesehen. Von diesem anstrengenden Tourleben handelt das Stück „Lobby aall“, auch dieses bringt China mit viel Verve und Charme rüber. Es ist ein klassisches melancholisches „Late-Night-Jazz“-Stück. Der Song „Hungover“ ist wie ein Dialog aufgebaut zwischen China und ihrer Band. Hier werden die Auswirkungen eines Katers beschrieben mit den entsprechenden Kommentaren der Band. „Blame Jerry“ erinnert an einen Film, bei dem die Frau herausfindet, dass sie betrogen worden ist. Auch eine witzig-traurige Ballade, gesanglich erinnert es an die alten Aufnahmen der 50er und 60er Jahre. Den Schlusspunkt setzt der Powersong „Breaking point“. Das flink aufspielende Klavier und die gleichmäßigen Drum-Beats puschen den Gesang von China. Ein ganz starkes Stück.
Die Stärke des Album sind die verschiedenen Sounds, mal Hip Hop, mal Herz-Schmerz-Ballade und das andere Mal klassischer Jazz. Es wirkt so, als ob China und die Musiker in eine Soundküche gegangen sind und für jeden Song etwas Spezielles geschaffen haben. Dabei wirkt China immer authentisch, ohne sich zu verstellen. Eines der wenigen Alben, welche die Tradition mit der Moderne scheinbar mühelos verbinden.
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