Jazz in Stuttgart (10)- EUMEL Bar

Es gibt wenige Bars, wo man sich sofort  daheim fühlt. Die Musikbar Eumel in Stuttgarter Westen zählt definitiv dazu. Die Bar leitet Ingo Kessler ein bekennender Fan des VFB-Stuttgarts. Der Besucher wird herzlich von Ingo, Emilia und Eve-Marie begrüßt. Die gemütlichen Sessel laden zum Verweilen ein. In der Regel gibt es donnerstags häufig Jazz-Konzerte im Eumel. Ich hatte das große Glück Tony Lakatos live im EUMEL zu sehen. Der groovende Sound hat zu einer ausgelassenen und fröhlichen Stimmung im EUMEL beigetragen. Die Musiker spielten auf Höchstniveau! 

Aber auch an anderen Tagen bekommt der Besucher einiges geboten im Eumel, wie z.B. am ersten Samstag der Drink der Ahnungslosen, Fußball oder Filmabende im Eumel. Man kann auch selber Musik auflegen, nämlich durch Auswahl der entsprechenden an der aushängten Musikbox. Das ganze wird noch durch die leckeren Snacks im EUMEL abgerundet.

Anfang Juni hatte ich die Möglichkeit mit dem Betreiber Ingo Kessler ein Interview zu führen.

Wolltest du schon immer Barkeeper werden?

Im Prinzip nicht. Klar war es kurze Zeit mal ein Jugendtraum wie sicherlich von vielen Jungs, aber  eigentlich bin ich ja gelernter Landschaftsgärtner-Meister und hatte auch eine eigene kleine Gartenbaufirma. Als die Wirbelsäule immer mehr Probleme machte wurde ich irgendwann leider vor die Tatsache gestellt, dass Gartenbau nicht mehr möglich ist.

Zur gleichen Zeit sah ich das Schild in der Kornbergstraße, dass hier eine Gastrofläche zu vermieten war und habe mich selber vor die Entscheidung gestellt, den Kopf in den Sand zu stecken oder nahtlos durchzustarten vom einen in das andere - was auch wesentlich mehr meinem Wesen entspricht. 

Wie ist das EUMEL worden?

Im Jahr 2014 sah ich - wie erwähnt - das Schild in der Kornbergstraße 47, dass eine Gastrofläche zu vermieten war. Ich gewann meine Freundin (die gelernte Hotelfachfrau ist) ebenfalls für diese Idee und dann ging auch schon das Zeit- und vor allem kostenintensive Umbauen los.

Durch die Schallisolierung war dann auch noch eine uhrzeitlich volle Konzession einschließlich einer Konzession als Musikgaststätte in Aussicht und ich war der festen Überzeugung, dass gerade im gesellschaftlich so durchmischten und dicht besiedelten Stuttgarter Westen, eine kleine aber schicke Bar mit sehr breitem Angebot an Unterhaltung und Getränken eine gute Alternative für manche zur Stadtmitte sein könnte. 

Was macht das EUMEL so besonders für dich?

Alles  :-) Aber insbesondere die Vielseitigkeit musikalisch und auch gastronomisch und vor allem auch die Freude darüber, dass diese Kombination so gut funktioniert. Bei uns treffen sich am Wochenende Stammgäste zum gemeinsamen Fußball schauen, bei uns haben sich bei der Open-Stage-Jam-Session schon neue Musiker gefunden und Bands gegründet, wurden neue Freundschaften geschlossen, Paare gefunden, gab es Heiratsanträge (die erfolgreich zur Ehe führten) usw.

Vor allem freut  es mich auch wieder sehr, wenn Gäste und Musiker das Eumel verlassen und mir gegenüber die harmonische Atmosphäre erwähnen und zufrieden nach Hause gehen nach einem Abend bei uns. 

Im EUMEL hängt auch eine Musikbox, wie bist du denn auf diese Idee gekommen?

Genau so vielseitig wie unsere Gäste sind ist auch deren Musikgeschmack und über diese Musikbox haben die Gäste die Möglichkeit, je nach Abend und Laune ihre eigene Playlist zusammen zu stellen. Die Box war zwar in der Anschaffung relativ kostspielig und kostet auch nicht wenig Gema-Gebühren, weswegen wir sie auch mit einem Münzeinwurf versehen mussten, der die Gema-Gebühren finanziert, aber die erfreut sich doch großer Beliebtheit. Gerade durch die Gema-Pauschale dafür, haben wir die Möglichkeit, jeden trotz der über 60.000 bereits vorhandenen Titel aus allen Musikrichtungen eventuell fehlenden Titel die unsere Gäste wünschen aufzuspielen. An manchen Abenden stehen fünf Leute vor der Box und stellen sich gemeinsam ihre Wunschliste an Titeln zusammen.

Welche Rolle spielt der Jazz für dich? Hörst du selber viel Jazz?

Ich bin durch meinen Vater zum Jazz gekommen, der ihn zwar nie spielen konnte, dafür aber umso mehr bei sich daheim hört.  Er nahm mich auch in die heutige JazzHall - damals noch Dixielandhall - mit. Mit 15 habe ich angefangen, Saxophon zu lernen und hätte ich da mehr Talent gehabt und eine niedrigere Frustrationstoleranz, würde ich vielleicht heute auch selber vor Menschen und nicht nur heimlich allein daheim spielen. Ich höre aber auf jeden Fall gerne Jazz und für mich ist auch jedes Konzert ein Genuss. 

Seit wann gibt es die Jazzkonzertreihe in EUMEL? Wie bist du auf die Idee gekommen?

Angefangen haben wir damit im Juli 2015. Am Anfang noch alle zwei Wochen dann irgendwann wöchentlich. Zum einen ist echte Livemusik mit echten Instrumenten in und an der Hand etwas ganz besonderes und um zum anderen wollte ich das für unsere Ecke des Stuttgarter Westens etablieren.

Außerdem bin ich 2014 mit einem guten Freund und tollen Saxophonisten  auf einer Harley durch Amerika gefahren und unter anderem lagen Chicago und Nashville auf unserer Route. Dort war es einfach beeindruckend, in manchen Straßenzügen in jedem zweiten Laden Live-Musik zu hören war. Das hätte ich für mein Stuttgart auch gerne mehr.

Was waren deine Highlights bisher?

Natürlich sind Tony Lakatos und Gismo Graf Highlights gewesen. Wenn ich aber die zwei Jahre zurückdenke oder mir Fotos und Videos davon anschaue war jedes Konzert für sich ein Highlight und wir hatten ausschließlich gute Musiker und tolle Konzerte bisher bei uns.

Was ist deine Meinung zu Stuttgarter Jazzszene?

Ich hatte vor einiger Zeit den Gedanken, man könne ja einmal die existierenden Läden, die Live-Musik dieses Bereiches anbieten alle zusammen  für eine zum Beispiel zweiwöchige gemeinsame Konzertreihe gewinnen. Jeden Tag in jedem Laden ein anderer toller live-act unter einem Deckmantel und gar nicht unter Bewerbung der Läden im Einzelnen.

Einfach auf Live-Jazz in Stuttgart und alle dazugehörigen Locations hinweisen mit einem kleinen Knall. Leider stieß dieser Vorschlag auf kein Interesse. Es gibt neben den vielen tollen Musikern auch viele sehr engagierte Menschen in Stuttgart, die den Jazz unterstützen. Sorge bereitet mir da eher, dass der konsumierende Nachwuchs ausbleibt, der leider oft nicht einmal zu einem Versuch ein Jazzkonzert besucht. Ein schwieriger Spagat, das Image zu "entstauben" ohne Traditionen zu sehr aufzugeben.

Ich persönlich wünsche mir für alle Jazzläden mit Kultstatus wie das Bix, die Jazzhall oder die Kiste, dass sie noch sehr lange erhalten bleiben für Stuttgart.

Was denkst du über den Begriff Jazzstadt Stuttgart?

Zwiespältig, denn geschichtlich gesehen wären München, Frankfurt oder Berlin sicher mindestens genauso  Jazzstädte von Anfang an und vielen andere deutsche Städte wie Hannover, Leipzig usw. stünde der Begriff heute genauso zu. Ein paar Sportvereine machen ja eine Stadt auch nicht gleich zur Sportstadt. Auf der anderen Seite ist solch eine Bezeichnung sicher der Musik auch dienlich und gibt es in Stuttgart so viele tolle und extrem gute Jazzmusiker und auch sehr alteingesessene Kultläden, die für den Jazz die Fahne hochhalten.  Fest steht - eine solche Bezeichnung erfordert auch aktives gemeinsames Arbeiten daran von allen Seiten.

Welche zukünftigen Konzertreihen planst du im EUMEL?

Einige :-) Wir sind bereits bis in den Februar nächsten Jahres ausgebucht und es sind wieder tolle Musiker und Bands dabei. Wir wollen bewusst nicht nur eine Richtung anbieten, sondern von den Standards über Gypsy, Latin, Soul, Funk, bis hin zu Blues und Country ein möglichst breites Angebot liefern. Die Details zu den Konzerten findet man regelmäßig auf unserer Homepage,  im Facebook oder in der Zeitung.

Außerdem werden wir neben den Konzerten unsere monatliche Open-Stage-Jam-Session aufrecht erhalten, da sich unserer großen Freude immer mehr Musiker spontan zu einem musikalischen Überraschungsabend einfinden und wild durchmischt zusammen spielen und bisher immer etwas tolles dabei heraus kam.

Danke für das Interview, ich werde sicher mal wieder bei dir im EUMEL vorbeischauen.

Link: https://eumel-stuttgart.de/