Rebecca Trescher Character Pieces

Rebecca Trescher Character Pieces

Rebecca Trescher- Character Pieces

Einer meiner ersten Reviews war ein Album von Rebecca Trescher, jetzt hat Rebecca Trescher mit Character Pieces ein neues Album veröffentlicht.

Das Album wurde mit einem Tentet aufgenommen, diese Besetzung ist eher selten. Sie gibt den Musikern ungeheure Flexibilität und der Musik eine ganz besondere Intensität. Das Tentet atmet hier flexibel und reagiert auf die gegenseitigen musikalischen Ideen. Bei Character Pieces spielt die Natur die Hauptrolle.

Aber lassen wir dazu Rebecca Trescher doch selbst zu Wort kommen.

Mehr Infos zu dem Album und Konzerttermine von Rebecca Trescher findet ihr hier:

 

Rebecca Trescher

Guten Tag Frau Trescher schön, dass sie Zeit haben für jazzreporter.com ein paar Fragen zu beantworten.

 

Auf Ihrem neuen Album spielen Sie mit einem Tentet- wie ist diese Band entstanden?

 

Ursprünglich entstand mein Large Ensemble während meines Studiums an der Hochschule für Musik Nürnberg, wo ich Jazzkomposition und Jazzklarinette studierte. Das liegt allerdings einige Zeit zurück. Mein aktuelles Tentet ist eine Weiterentwicklung meines damaligen Large Ensembles. Seit 2019 spiele ich in dieser Formation, und aktuell habe ich mit dem Album „Character Pieces“ eine Koproduktion mit dem Bayerischen Rundfunk BR-KLASSIK die zweite CD in dieser Besetzung produziert. Das erste Tentet- Album Paris Zyklus (2021) haben wir im Sendesaal in Bremen aufgenommen. Diese Produktion war direkt ein großer Erfolg und wurde mit dem Deutschen Jazzpreis für Komposition des Jahres 2022 ausgezeichnet.

 

Was macht den Sound eines Tentets für Sie so besonders?

 

Der Tentet Sound ist für mich sehr transparent, flexibel und wandelbar, hat aber auch genau die richtige Power, die ich mir wünsche (lacht). Zum einen ist es für mich ein orchestraler Klangkörper, in dem ich als Komponistin sinfonische Tutti schreiben kann und zum anderen ist es wie eine kleine Combo mit 10 Instrumentalvirtuosen. Jeder Musiker kann ständig in neue Rollen schlüpfen. Mal ist er Melodiespieler oder Satzspieler, dann Teil eines harmonischen Elements oder eines rhythmischen Ostinatos. Oder er ist solistisch aktiv und schwebt über allem.

Ich sehe mein Tentet auch als improvisierendes Ensemble, in dem Kollektivimprovisationen entstehen können, von Duo-Momenten bis hin zu 10-stimmigen Geflechten, die wir gemeinsam gestalten, steuern und dramaturgische Bögen spannen. Natürlich muss sich auch jeder im richtigen Moment zurücknehmen können. Den Mut zur Stille und den leisen Tönen nachzuhören, finde ich sehr wichtig und spannend. Außerdem zählt für mich auch die menschliche Komponente, das Miteinander, die Zeit auf und hinter der Bühne, das Reisen. Das Bandklima empfinde ich als sehr besonders in dieser Besetzung und genieße das sehr, und ich denke, das spürt auch das Publikum, diese inspirierende Energie.

 

Hatten Sie ein konkretes Vorbild aus der Jazz-Geschichte bei der Aufnahme von Character Pieces?

 

Nein, es ist die kontinuierliche Weiterentwicklung meiner bisherigen Arbeit. Meine Kompositionen und meine Musik sind ständig im Prozess. Ein selbstkritischer Geist ist mir wichtig. Das formt meine musikalische Vision und lockt mich ständig aus der Comfort-Zone. Konkrete Vorbilder habe ich nicht, ich hole mir Inspiration aus verschiedenen Genres, was mir gefällt, mich berührt und mich fasziniert, z.B. Alban Bergs Violinkonzert oder Björks Album „Selmasongs“

 

Hat die Corona-Krise das Projekt Character Pieces beeinflusst?

 

Ein Stück weit ja, während der Pandemie konnte ich mehr komponieren und habe auch einige Partituren analysiert. Und so kam irgendwann die Idee, dass mir die Musikerkollegen musikalische Skizzen und Ideen von sich einreichen und ich daraus neue maßgeschneiderte Werke komponiere und arrangiere.

 

Auf dem Stück „Character Pieces“ ist die Thematik die Natur- welche Rolle spielt die Natur in Ihren Kompositionen?

 

Die Natur ist für mich eine Inspirationsquelle, oft unterbewusst. Ich beobachte gerne kleine Dinge, oder assoziiere ein Gefühl oder eine Stimmung mit etwas. Zum Beispiel: Wie fühlt sich nasses Moos an? Könnte das ein dreistimmiger Satz aus Flöten und Klarinetten darstellen? Wie kann ich Wolken musikalisch darstellen? Welche Durchlässigkeit braucht die Musik dazu oder gerade auch nicht? Solche kleinen Momente können oft der Nukleus einer musikalischen Idee sein, aus der dann ein ganzes Werk oder sogar ein ganzer Zyklus entstehen kann.

 

Die CD sind fast ausschließlich ihre Kompositionen zu hören- außer Aussichtsreich von Andreas Feith. Was hat ihnen an der Komposition von Andreas Feith so gefallen, dass Sie sie aufgenommen haben?

 

Andreas und ich sind seit Jahren ein Paar und arbeiten in vielen musikalischen Kontexten zusammen. Er spielt von Anfang an in meinem Tentet Klavier. Da wir zusammenleben, ist er oft nah am Kompositionsprozess dran und bekommt die verschiedenen Stadien eines Stückes oft mit. Wir tauschen uns häufig aus, diskutieren über Formteile oder Abläufe und reflektieren manchmal gemeinsam über Stücke, auch über Fremdkompositionen. Das ist meistens sehr spannend und führt oft zu neuen Wegen. Manchmal verlangsamt es auch den Prozess und es ist anstrengend, aber das Ergebnis überzeugt dann meistens doch. Ich bin eine langsame Komponistin und ich freue mich über den Austausch mit Kollegen, auch wenn man dann manchmal über Umwege zum Ziel kommt. So haben wir zum Beispiel gemeinsam Musik von dem großartigen Komponisten und Musiker Guillermo Klein gehört. Das war die Inspiration für das Stück Aussichtsreich. Andreas hat aus der musikalischen Skizze unseres Schlagzeugers Silvio Morger und seiner Idee ein ganzes Stück komponiert. Das war spannend für mich zu sehen, wie daraus ein ganzes Werk gewachsen ist. Selbstverständlich waren wir im Austausch und ich habe ab und an mit angepackt, vor allem beim Arrangieren und Orchestrieren der Komposition.

 

Was war ihre größte Herausforderung beim Projekt „Character Pieces“?

 

Für die Programmgestaltung und Produktion gab es keine Herausforderungen (schmunzelt). Da war alles wunderbar und im Flow. Was ein Kraftakt ist, sind die administrativen Aufgaben für eine 10-köpfige Formation. Als freischaffende Musikerin muss man auch eine gute Unternehmerin sein, Drittmittelanträge stellen, die Finanzierung und Logistik planen, und und und. Eben alles. Das ist oft sehr herausfordernd und man muss gut planen, Risiko bereit und auch flink sein. Aber das ist immer so, nicht nur bei diesem Projekt.

Welche Rolle spielt der Sound der Studio Franken für die Aufnahme von „Character Pieces“?

 

Der Sound des Studio Franken in Nürnberg ist für mich sehr klar und transparent. Meine Kompositionen, die oft sehr vielschichtig sind, können sehr gut erklingen und werden für mich plastisch dargestellt. Das finde ich großartig. Jede Stimme findet ihren Platz, man kann jedes Instrument einzeln wahrnehmen und trotzdem fusionieren sie auch als großes Ganzes. Voraussetzung ist natürlich ein hervorragender Toningenieur, sehr gute Räume, tolles Equipment und ein professionelles und ausgezeichnetes Produktionsteam. Und das war alles vorhanden, ideale Bedingungen, um ein Album zu produzieren.

 

Planen Sie im Laufe des Jahres weiter Konzerte mit ihrem Tentet oder ihrem Quartett zu geben?

 

 

Klar, es stehen aktuell einige Release Konzert bevor, weitere sind in Planung. Es bleibt spannend. Aktuelle CD-Release Konzerte finden Sie auf meiner Website.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0